bauhausTWINS Ostrava
© zukunftsgeraeusche
Im 100. Jubiläumsjahr des Bauhauses in 2019 lenkt das Festival re:bauhaus den Blick auf die Bedingungen aus denen das Bauhaus, allgemein der Funktionalismus, in Mitteleuropa im Kontext der Entwicklung von modernen Gesellschaften und Staaten um 1919 entstanden ist. Im thematischen Mittelpunkt stehen die gesellschaftliche Emanzipation und die gleichzeitige Identifikation mit den Leitbildern und der Architektur der Moderne. bauhausTWINS thematisiert demgegenüber die heutige Wahrnehmung im Umgang mit dem Erbe der Moderne, hinsichtlich dessen Bedeutung, einer nachhaltigen Weiterentwicklung und einer „Assemblage“ auch im Sinne eines Umbauens und Neuzusammenfügens unserer Städte und Bauwerke.
Das Projekt in Tschechien wird seit dem 15. Mai 2019 als Raum-im-Raum-Installation im PLATO Ostrava gezeigt, einem ehemaligen Bauhaus-Baumarkt, der von der städtischen Kunstgalerie in Ostrava temporär umgenutzt wird – nach einer erfolgreichen Preview auf dem Konvent der Baukultur der Bundesstiftung Baukultur in Potsdam im November 2018. An diesem außergewöhnlichen Ort, der ironisch und zeitgenössisch mit dem Erbe des Bauhauses spielt, verkörpert bauhausTWINS ein haptisches Medium, das den historischen Ursprung, den Wandel über die Zeit und den heutigen Umgang in Relation setzt. Als räumliche Assemblage im großen Maßstab dient bauhausTWINS als Bühne für Diskussionsveranstaltungen und künstlerische Projekte.
bauhausTWINS ist eine begehbare Installation mit wiederverwendeten Fassadenelementen aus der Atelierhaus-Fassade des Bauhauses Dessau, die aus dessen großer Nachkriegssanierung von 1976, zum damals 50jährigen Jubiläum des Bauhaus-Gebäudes, stammen. Die Fenster- und Tür-Elemente wurden anlässlich einer neuerlichen Sanierung der Atelierhaus-Fassade im Jahr 2011 ausgebaut und von der Stiftung Bauhaus Dessau an zukunftsgeraeusche übereignet.
Die Fassaden-Elemente sind Teil des Gesamtprojekts bauhaus reuse, in dessen Zentrum das gleichnamige Gebäude bauhaus reuse steht, das aus den Elementen der Nordfassade des Dessauer Bauhauses besteht. Das bauhaus reuse befindet sich auf dem Ernst-Reuter-Platz in Berlin und beherbergt den Berliner Standort des Festivals re:bauhaus, wodurch eine materielle und symbolische Verbindung entsteht mit der Installation bauhausTWINS und dem besonderen Ort in Ostrava.
Die Installation besteht aus einer feuerverzinkten Stahlkonstruktion, in der die wiederverwendeten Fassaden-Elemente in unterschiedlichen Konstellationen gehängt sind und eine bühnenartige Raumstruktur mit verschiedenen Ebenen und Raumsituationen erschaffen.
Die Konstruktion ist allseitig offen und stellt aus jeder Richtung einen anderen räumlichen Eindruck und Zugang her: vom Maßstab der Studienräume des Atelierhauses zu einer sich auflösenden Struktur, die einen erweiterten Kontext und Raum für Reflexionen eröffnet.
Der Titel bauhausTWINS spielt mit dem englischen Begriff twinning. Welcher nicht nur übertragen für den Vorgang der Wiederverwendung in einem neuen Kontext steht. Der Begriff betont das besondere Phänomen der zeitgleichen Existenz zweier Versionen der Fassaden-Elemente: der Rekonstruktionen von 1976 und von 2011. Ebenso bedeutet dieser Partnerschaft und findet in diesem Sinne bei Städtepartnerschaften oder im Beitrittsprozess zur Europäischen Union Verwendung. Zudem bezeichnet twinning passenderweise die Verkupplung im Stahlbau.
An der Herstellung der Installation waren Auszubildende des Kompetenzzentrums für nachhaltiges Bauen in Cottbus beteiligt. Sie übernahmen die behutsame Aufarbeitung der Elemente zur Bestandssicherung, die Überarbeitung von Schäden und den Ersatz von Verglasungen. Wobei weder eine Rekonstruktion noch eine denkmalgerechte Sanierung im Vordergrund standen, sondern die Auseinandersetzung mit Baukultur in Ausbildung und Lehre, für die Beschäftigung mit den Elementen der Moderne als eine Art „Ready-Made“ und als kulturelles Medium.
Die Installation bauhausTWINS ist ein Projekt von zukunftsgeraeusche in Kooperation mit Goethe-Institut, Bundesstiftung Baukultur, Stiftung Bauhaus Dessau, Berufsförderungswerk des Bauindustrieverbands Berlin-Brandenburg – Kompetenzzentrum für nachhaltiges Bauen in Cottbus und TU Berlin – Fachgebiet Bauphysik und Baukonstruktionen und wird im Rahmen des Festivals re:bauhaus in Kooperation mit PLATO Ostrava mit Unterstützung des Ministeriums für Kultur der Tschechischen Republik gezeigt und bespielt.