Performativität – Emanzipation und die Freiheit in der Stadtluft

DQDS at bauhaus reuse, Berlin, 2017, © zukunftsgeraeusche

Prof. Dr. Uwe Wirth, “Performativität – Emanzipation und die Freiheit in der Stadtluft?”

stellt einen Zusammenhang her zwischen

Erstens dem etwas nebulösen Großbegriff der Performativität, zweitens, dem Streben nach Emanzipation – ein Prozess, der seit der Neuzeit (und dann natürlich vor allem in der Epoche der Aufklärung) in allen gesellschaftlichen Bereichen Raum greift, und drittens dem Schauplatz, an dem das Streben nach Emanzipation eingelöst wird: die Stadt.

Klar ist, dass dabei der bekannte Grundsatz “Stadtluft macht frei” Pate gestanden hat – ein Grundsatz, den Max Weber in seinen Überlegungen zu Wirtschaft und Gesellschaft explizit erwähnt, wenn es um die Rolle der frühneuzeitlichen Städte geht – und hier insbesondere um die, wie er schreibt, “Durchbrechung des Herrenrechts”. Damit steht der Grundsatz “Stadtluft macht frei” für eine Emanzipation von dem vermutlich mühseligsten Aspekt der Feudalherrschaft: der Fronarbeit als einer Form der Steuerlast, die Bauern an ihren Feudalherren zu entrichten hatten.

Die Freiheit der Stadtbürger bestand demgegenüber darin, dass sie diese Arbeit nicht mehr leisten mussten, und die Neubürger der Städte: Unfreie, Leibeigene, die in die Städte kamen (häufig flüchteten sie, um sich dem Zwang zur Fronarbeit zu entziehen) – diese Neubürger wurden nach Jahr und Tag, die sie innerhalb der Stadtmauern zugebracht hatten, zu Freien. In eben diesen Sinne macht Stadtluft – nachdem sie 366 Tage eingeatmet wurde – frei.

Natürlich war dieser Grundsatz für die Feudalherren, die ihre Herrschaft auf dem Land, in Dörfern, aber auch in sogenannten Fürstenstädten ausübten, ein Dorn im Auge. Wer in die Stadt floh war genau genommen ein Steuerflüchtling. Und so kam es zwischen Stadtbürgerschaft und Feudalherrschaft zu langwierigen – zum Teil auch gewaltsamen – Auseinandersetzungen.

Mit anderen Worten: Der Grundsatz “Stadtluft macht frei” war hoch umstritten – und erwies sich genau aus diesem Grund bis ins 19. Jahrhundert hinein als Politikum.

Zugleich zeigt sich aber auch schon bei diesem sehr rudimentären geschichtlichen Exkurs, dass die Stadt, genauer gesagt, das Betreten der Stadt, Teil einer emanzipatorischen Geste, ja eines emanzipatorischen Aktes ist.

Wer in die Stadt geht, um frei zu werden, der vollzieht mithin eine Art Unabhängigkeitserklärung.

Man könnte also sagen, dass der Grundsatz “Stadtluft macht frei” eigentlich heißen müsste: Der Wechsel von Landluft zu Stadtluft macht frei, denn auf dem Land herrschen die Feudalherren, während in der Stadt die Bürgerschaft die Regeln der Herrschaft selbst aushandelt – und insofern die Grundsätze ihrer Herrschaft selbst konstituiert.

Nun gibt es nach Weber aber noch einen zweiten Grund, warum Stadtluft frei macht, den er ebenfalls in Wirtschaft und Gesellschaft expliziert: Der Grund ist, dass in der Stadt – anders als auf dem Land oder in einem Dorf – die (ich zitiere Max Weber), “sonst dem Nachbarverband spezifische, persönliche gegenseitige Bekanntschaft der Einwohner miteinander fehlt.” (727)

Die Anonymität der Stadt ist dabei das Resultat ihrer Größe – Weber spricht von einem “quantitativen Merkmal”. Heißt: Je größer die Stadt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich die meisten Stadtbewohner nicht persönlich kennen.

Diese Unpersönlichkeit impliziert zunächst einmal, dass aufgrund des Mangels an persönlichen Beziehungen zu den Nachbarn auch die Sozialkontrolle nachlässt. Mit anderen Worten: Stadtluft macht frei, weil Stadtluft anonym macht.

In eben diesem Sinne schreibt Georg Simmel in seinem Essay über die “Großstädte und das Geistesleben” (1903), dass die ländlichen, dörflichen oder kleinstädtischen Gemeinschaften (Zitat) sehr viel “ängstlicher” über “die Leistungen, die Lebensführung und die Gesinnung des Individuums [wachen]” (125).

Umgekehrt gilt nach Simmel aber auch: “In dem Maß, in dem die Gruppe wächst – numerisch, räumlich, an Bedeutung und Lebensinhalten – […] lockert sich ihre unmittelbare innere Einheit […] und zugleich gewinnt das Individuum Bewegungsfreiheit, weit über die erste, eifersüchtige Eingrenzung hinaus” (124)

Diese, wie man sagen könnte, Emanzipation des Individuums von den Fesseln der eifersüchtigen und wachsamen Nachbarn, erhöht aber nicht nur die Bewegungsfreiheit, sondern sie ermöglicht auch die Abstraktion von den Singularitäten des Individuellen – und insofern impliziert das Unpersönliche der Großstadt eine Form der Überpersönlichkeit, aus der sich überhaupt erst so etwas wie ein Begriff von Allgemeinheit entwickeln lässt.

Der Motor dieses Prozesses ist eine Dialektik von “geistiger Distanz” und “Freiheit”.

Um dies klar zu machen, thematisiert Simmel den Grundsatz “Stadtluft macht frei”, wobei er diesen Grundsatz allerdings moduliert, indem er ihn auf das Verhältnis von Kleinstädter und Großstädter bezieht: So sei (Zitat) “heute in einem vergeistigten und verfeinerten Sinn, der Großstädter ‘frei’ im Gegensatz zu den Kleinlichkeiten und Präjudizierungen, die den Kleinstädter einengen” (126).

Der Preis dieser Freiheit ist die Gleichgültigkeit. So zeichnet sich die Großstadt durch eine “gegenseitige Reserve und Indifferenz” aus, durch eine, wie Simmels berühmte Formulierung lautet, “leise Aversion” gegenüber dem Nachbarn, “eine gegenseitige Fremdheit und Abstoßung” (123), die aber zugleich zum Gefühl der (Zitat Simmel) “Unabhängigkeit des Individuums” beiträgt.

Dasselbe Gefühl entsteht Simmel zufolge, sobald man sich in das “dichteste Gewühl der Großstadt” begibt, “weil die körperliche Nähe und Enge die geistige Distanz erst recht anschaulich macht” (126).

Der Begriff der “geistigen Distanz” ist Ausdruck jener unpersönlichen, überpersönlichen und im weitesten Sinne des Wortes bindungslosen Lebensform, die Simmel und Weber als die typische großstädtische Lebensform charakterisieren.

Dank der durch die “leise Aversion” gegen den Nachbarn entwickelten “geistigen Distanz” wird so etwas wie die Unabhängigkeit des Individuellen möglich, aber auch die Abstraktion von der Individualität des Nachbarn.

Parallel zu dem, was ich vorhin als “Unabhängigkeitserklärung” bezeichnet habe, die mit dem Akt des Betretens der Stadt vollzogen wird, birgt auch der Akt des Abstrahierens vom Individuellen hin zum Allgemeinen ein befreiendes Moment.

Tatsächlich bedeutet das lateinische Verb “abstrahere” ja auch das “sich losmachen, das sich befreien” von etwas. In diesem Falle: Das Sich-Befreien von engmaschigen, individuellen, persönlichen Beziehungsgeflechten.

Vermittelt über die Erfahrung, dass es in der Stadt möglich ist, dass auch einander Unbekannte miteinander leben können, wird Anonymität die Voraussetzung für ein Konzept von Allgemeinheit.

Diese Argumentation bekommt eine dezidiert architektonische Wendung, wenn Simmel schreibt, in der Großstadt böte sich, “in Bauten und Lehranstalten […] in den Formungen des Gemeinschaftslebens und in den sichtbaren Institutionen des Staates eine so überwältigende Fülle krystallisierten, unpersönlich gewordenen Geistes, daß die Persönlichkeit sich sozusagen dagegen nicht halten kann.” (130)

Die konkreten Bauten der Großstadt werden so zum sichtbaren Ausdruck von gesellschaftlichen Institutionen, die auf den Prinzipien eines Allgemeinheitskonzepts fußen – und damit auf dem Konzept eines unpersönlich gewordenen Geistes.

Zugleich wird aber auch das Großstadtleben selbst zum Motor für einen Prozess der erlebten Ent-Individualisierung von Lebensverhältnissen – ein Prozess, der gleichermaßen als befreiend und als befremdend erlebt wird: als Entwicklung hin zu überpersönlicher Allgemeinheit und unpersönlicher Anonymität.

Wie es scheint, haben wir es mit einer ambivalenten Konfiguration zu tun.

Ausgehend von Webers Idee, dass die Funktion der Stadt darin besteht, eine Lebensform zu ermöglichen, “in der einander Unbekannte miteinander leben”, beschreibt Dirk Baecker in einem Essay, das den Titel trägt: “Stadtluft macht frei” diese ambivalente Konfiguration folgendermaßen: “Diese Stadt lebt davon, Problem und Lösung des Problems, Norm und Abweichung von der Norm, eine Nachbarschaft des Miteinanders, Gegeneinanders, Nebeneinanders und Übereinanders zugleich zu sein. (5)

Genau aus dieser Ambivalenz, so Baeckers Argument, gewinnt die Stadt ihre “institutionelle Robustheit und Flexibilität” (ebd.) – eine Ambivalenz, die sich zugleich in der Gestaltung von Stadträumen manifestiert.

Die Qualität der Stadt als sozialer Form besteht demnach darin, dass sie (Zitat) “folgenreicher als andere soziale Formen Leerstellen einrichtet, die sichtbar und erlebbar noch nicht definiert sind, aber noch definiert werden können. Die Stadt inszeniert den Raum der Wahl, der Entscheidung, wen man aus welchem Anlass trifft oder nicht trifft, kann dies aber nur dann, wenn dieser Raum nur unspezifisch definiert ist.

Die öffentlich zugänglichen Plätze, ja die Öffentlichkeit schlechthin sind dieser Raum ebenso wie die kultischen Plätze […], die beide nicht etwa festschreiben, was auf diesen Plätzen geschieht, sondern stattdessen festschreiben, dass auf ihnen Entscheidungen getroffen werden können, die noch nicht getroffen sind”. (5)

Diese Beschreibung rückt einen Aspekt in den Mittelpunkt, der bisher eher subkutan mitschwang, nämlich dass der Städtische Lebensraum in dreifacher Hinsicht ein Möglichkeitsraum ist: Erstens, weil die Stadt ein Ort ist, an dem einander Unbekannte ihre Lebens- und Machtverhältnisse neu aushandeln können, aber auch immer wieder neu aushandeln müssen; zweitens, weil die Stadt Orte und Plätze schafft – funktionale Leerstellen – an denen diese Aushandlungsprozesse stattfinden können, drittens, weil die Stadt diese Orte und Plätze so in Szene setzt, dass sie als Orte und Plätze wahrgenommen werden, an denen Aushandlungsprozesse stattfinden können.

Aber ist es wirklich die Stadt, die hier agiert oder nicht vielmehr der Diskurs über die Stadt?

Eine Frage, der Michel Certeau in seinen Überlegungen zu urbanen Praktiken und dem Konzept der Stadt nachgeht, wobei er die Stadt selbst als ein anonymes Subjekt auffasst, das es ermöglicht, den städtischen Raum praktisch und diskursiv “zu erfassen und zu konstruieren” (184).

Auch für de Certeau ist die Stadt eine funktionale Leerstelle, ein Spielraum, der es erlaubt, ein (ich zitiere) “Spiel in einem System von definierten Orten” in Gang zu bringen, um die Neu-Definition anderer Orte in diesem System zu ermöglichen. Insofern macht die Stadt ebenso wie der Diskurs über die Stadt (noch einmal Zitat de Certeau) “Platz für die Leere” (201).

An dieser Stelle wird es nun höchste Zeit, den einen Begriff einzuführen, der gleichsam der Aufmacher des heutigen Abends ist: der Begriff der Performativität.

Ich werde mich darauf beschränken, einige grundlegende Unterscheidungen zu rekapitulieren, und zu versuchen, diese dann rück zu binden an die Beschreibungen der Funktion Stadt, die wir bei Weber, Simmel und Baecker kennen gelernt haben.

“Es ist durchaus verzeihlich, nicht zu wissen, was das Wort performativ bedeutet”, schreibt John Austin in seinem Aufsatz “Performative Äußerungen” im Jahr 1961: “Es ist ein neues Wort und ein garstiges Wort, und vielleicht hat es auch keine sonderlich großartige Bedeutung. Eines spricht jedenfalls für dieses Wort, nämlich, daß es nicht tief klingt” (305).

Die vielgestaltige Verwendbarkeit des Performanzbegriffs, ebenso wie seine Mehrdeutigkeit, haben maßgeblich zur akademischen Breitenwirkung des “garstigen Wortes” beigetragen.

Auf die Frage, was die Begriffe Performanz und Performativität bedeuten, geben Sprachphilosophinnen und Linguistinnen einerseits, Theaterwissenschaftler und Literaturtheoretiker andererseits sehr verschiedene Antworten.

Austin führt in How to do things with Words den Begriff des performative ein, um im Rahmen einer Auseinandersetzung mit Wittgensteins Sprachspiel-These eine Klasse von Sprachverwendungen zu bezeichnen, bei denen durch das Äußern bestimmter Worte, Handlungen vollzogen werden – von dieser Annahme leitet sich der Name der Sprechakt-Theorie ab.

So werden bei einer Heirat gleich mehrere Sprechakte vollzogen: etwa das “Jawort” der Eheleute vor dem Standesbeamten oder dessen Vollzugsformel: “Hiermit erkläre ich Euch zu Mann und Frau”.

Das Ensemble dieser Sprechakte verändert die Welt der Beteiligten Personen – und zwar weil sie bestimmte konventionale Prozeduren vollziehen.

Die sprachphilosophische Provokation performativer Äußerungen besteht darin, dass sich ihre Bedeutung nicht mit Bezug auf ihren Wahrheitswert, sondern nur mit Bezug auf sogenannte Gelingensbedingungen bestimmen lässt.

Im Gegensatz zu einer “konstativen Beschreibung” von Zuständen, die entweder wahr oder falsch ist, verändern “performative Äußerungen” durch den Akt des Äußerns Zustände in der sozialen Welt, das heißt, sie beschreiben keine Tatsachen, sondern sie schaffen soziale Tatsachen, indem sie durch das Äußern bestimmter Worte Handlungssequenzen einleiten.

So bewirkt das Versprechen der beiden Eheleute, sich in guten wie in schlechten Zeiten beizustehen eine Festlegung auf künftiges Handeln und der deklarative Sprechakt des Standesbeamten, “Hiermit erkläre ich Euch zu Mann und Frau”, bewirkt, dass sich die Eheleute nach dem Aussprechen dieser Worte im Zustand der Ehe befinden.

Die Bedeutung von Sprechakten leitet sich aus dem wechselseitig vorausgesetzten Wissen um den Verpflichtungscharakter des Sprechens ab.

Dabei rekurrieren Sprechakte auf ein Konzept von Sprache, das zwar auch intentional, vor allem aber konventional und funktional bestimmt ist.

Die intentionalen Rahmenbedingungen betreffen die individuelle aufrichtige Festlegung des Sprechers auf ein Verhalten: Mann und Frau müssen es ernst meinen mit ihrem Versprechen, sich in guten wie in schlechten Zeiten beizustehen.

Die institutionellen Rahmenbedingungen verweisen auf die sozialen Determinanten der Äußerungsbedeutung in konventionaler und funktionaler Hinsicht.

Entscheidend ist, ich zitiere Austin, “that the circumstances in which the words uttered should be in some way, or ways, appropriate” (1975: 8)

Das, was man beim Heiraten Meinen und Wollen kann, ist gerade nicht individuell verhandelbar. Insofern sind die intentionalen Rahmenbedingungen ihrerseits gerahmt von institutionell und konventionell festgelegten Bedeutungsfunktionen.

In diesem Sinne löst die Sprechakttheorie individuelle Intentionalität auf und überführt sie in überindividuelle (und das heißt natürlich auch: überpersönliche) Konventionalität.

So lauten die beiden grundlegenden Bedingungen dafür, dass Sprechakte funktionieren können (ich zitiere Austin): Erstens: “Es muß ein übliches konventionales Verfahren – an accepted conventional procedure – mit einem bestimmten konventionalen Ergebnis geben”, wobei “zu dem Verfahren gehört, daß bestimmte Personen unter bestimmten Umständen bestimmte Wörter äußern”. Zweitens: “Die betroffenen Personen und Umstände müssen im gegebenen Fall für die Berufung auf das besondere Verfahren passen”, das heißt: Sie müssen institutionell autorisiert sein.

Nur der Standesbeamte oder der Priester dürfen die Heirat vollziehen. Wenn der Rathaus-Pförtner oder der Messdiener die Zeremonie vollzieht, verunglückt der performative Akt bzw. erweist sich als nichtig.

Im Gegensatz zu dieser funktionalen Bestimmung, kann sich der Performanzbegriff aber auch auf die phänomenale Tatsache beziehen, dass etwas als Äußerung verkörpert wird.

So nimmt der Terminus performance im Rahmen von Noam Chomskys Grammatik-Theorie eine ganz andere Systemstelle ein als bei Austin. Chomsky führt die Differenzierung zwischen competence und performance ein, um die “Kenntnis” eines Sprecher-Hörers vom “aktuellen Gebrauch” der Sprache in konkreten Situationen zu unterscheiden.

Diese Verwendungsweise des Performanzbegriffs als Bezeichnung von Äußerungspraktiken inklusive ihrer materialgebundenen Medialität thematisiert nicht nur das, was hinter den sinnlich wahrnehmbaren Phänomenen liegt, also die konventionale Funktion von Sprechakten, sondern sie thematisiert die Verkörperungsbedingungen von Äußerungen.

Die Verwendung dieses im weitesten Sinne des Wortes medialen Performanzbegriffs impliziert also einen an den Äußerlichkeiten der Verkörperungspraxis interessierten Blick, dem es um die Erkundung der verschiedenen Möglichkeiten geht, stimmlich, gestisch, schriftlich oder mit Hilfe von Bildern Sachverhalte darzustellen.

Hierher gehört vermutlich auch jene Vollzugsform von Performativa, die im Zentrum von Michel de Certeaus Auseinandersetzung mit der Sprechakt-Theorie in Die Kunst des Handelns steht: Der Akt des Gehens, schreibt er (ich zitiere), “der Akt des Gehens ist für das urbane System das, was die Äußerung (der Sprechakt) für die Sprache oder die formulierte Aussagen ist” (189).

Warum? Weil man beim Gehen – beim Spazieren, beim Flanieren – durch den Stadtraum eine “räumliche Realisierung” (ebd.) von Orten vornimmt, sie also durchs “Begehen” mit konstituiert – und weil man sich zugleich durch Akte des Gehens Räume aneignet. Dergestalt wird das Gehen zu einer beweglichen Verkörperungsform des Performativen.

Schließlich impliziert der Begriff “Performativität” aber auch den Aufführungscharakter von Äußerungen und Handlungen, so wie man es von dem englischen Begriff der performance her gewohnt ist.

Eben diese Verwendungsweise steht – wenig überraschend – für die Theaterwissenschaft im Zentrum des Interesses.

In ihrem Aufsatz “Grenzgänge und Tauschhandel” bezieht Erika Fischer-Lichte Theatralität und Performativität wechselseitig aufeinander, wobei sie vier Aspekte unterscheidet: Erstens die Performance als “Vorgang einer Darstellung durch Körper und Stimme vor körperlich anwesenden Zuschauern” (299), zweitens die Inszenierung als “spezifischer Modus der Zeichenverwendung in der Produktion” (ebd.), drittens die Korporalität als Aspekt, “der sich aus dem Faktor der Darstellung bzw. des Materials ergibt” (ebd.), und schließlich viertens die Wahrnehmung als Aspekt, “der sich auf den Zuschauer, seine Beobachtungsfunktion und -perspektive bezieht” (ebd.)

Hier wird Performativität zu einem Begriff, der sich nicht nur auf die Gelingens- und die Verkörperungsbedingungen, sondern auch auf die Inszenierungs-bedingungen von Kunst-Konfigurationen bezieht.

Allerdings nicht ausschließlich, denn Inszenierungen gibt es ja nicht nur in Kunst-Kontexten, sondern auch im öffentlichen Räumen: In Feierstunden des Parlaments, bei der Hochzeit von Promis und Potentaten, beim Sich-Zeigen auf Balkonen – sei es im Rahmen von Koalitionsverhandlungen, sei es im Rahmen von Volksansprachen. Aber natürlich haben auch Volksfeste und Demonstrationen auf öffentlichen Plätzen Inszenierungscharakter.

Und auch das bereits erwähnte Spazierengehen hat in gewisser Hinsicht Inszenierungscharakter – man spaziert auf der Flaniermeile der Stadt, um sich zu zeigen, um sich als Stadt-Bewohner in Szene zu setzen und unter den vielen Unbekannten von den wenigen Bekannten erkannt zu werden.

Unsere heutige Medien-Gesellschaft ist in ganz besonderem Maße eine Inszenierungsgesellschaft, die nicht nur von Inszenierungen durchzogen, sondern gleichsam von einer “Kultur der Inszenierung” angetrieben wird (ebd.).

Insofern kann man sagen, dass unser Leben durch ein Geflecht von performativen Sprechakten bestimmt wird: Und zwar zunächst einmal performativa im Sinne Austins, also Verträge, Konventionen, institutionelle Autorisierungen, die die Grundlage bilden für ein verbindlich geregeltes gesellschaftliches Zusammenleben.

Angefangen mit den Verkehrsregeln (etwa der roten Ampel, die wie ein direktiver Sprechakt funktioniert), bis hin zu Richtlinien für die Statik von Gebäuden, Mietverträgen für Privatwohnungen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Betrieb einer Würstchenbude oder eines Einkaufzentrums.

Aber natürlich geht es hier auch um “große” gesellschaftspolitische Fragen, etwa die Frage: soll die “Institution Ehe” auch für gleichgeschlechtliche Paare zur Verfügung stehen?

Begleitet und überlagert werden derartige performativen Sprechakte jedoch immer schon von Inszenierungsformen und -strategien, die den Charakter von Performances haben.

Dazu zählen die bereits genannten Feste, Umzüge, Kundgebungen, Demonstrationen, aber auch die Gebäude von Institutionen, in denen das Einhalten der Gelingensbedingungen bestehender Sprechakte überwacht wird, oder die Gelingensbedingungen von Sprechakten neu ausgehandelt werden: Die Polizei, die die Einhaltung direktiver Sprechakte kontrolliert. Das Gerichtsgebäude, wo über strittige Verträge oder Verstöße gegen Konventionen entschieden wird.

Das Parlamentsgebäude oder das Rathaus, wo über neue Konventionen oder Regeln verhandelt wird.

All diese Gebäude sind nicht nur Verkörperungen von Institutionen, sondern verwandeln die Orte, an denen sie stehen in Schauplätze: In eben diesem Sinne kann man dann mit Dirk Baecker sagen: “Die Stadt inszeniert den Raum der Wahl, der Entscheidung”.

Die Plätze, an denen Bedeutungsfunktionen von Sprechakten ausgeführt werden, sind zugleich Schauplätze von Performances: Plätze, an denen nicht nur etwas ausgeführt, sondern auch etwas aufgeführt – inszeniert – wird.

Nehmen wir nur, um beim Beispiel des Heiratens zu bleiben das Rathaus – oder vielleicht auch die Treppen vor dem Rathaus: Wenn dort im Standesamt – als gesellschaftspolitisches Novum – eine gleichgeschlechtliche Heirat vollzogen wird, dann werden die Treppen des Rathauses zur Bühne, auf der dieses gesellschaftspolitische Novum demonstrativ vorgeführt wird.

Folgt man Judith Butler, dann kann man sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen: Dieses Spannungsverhältnis zwischen performativen Akten und Akten der Performance betrifft jeden Akt der Gender-Konstitution, denn der Körper ist, wie sie schreibt, “immer eine Verkörperung von Möglichkeiten, welche von historischen Konventionen konditioniert und beschränkt wird”.

Dergestalt erweist sich der ge-genderte Körper als performativer Körper, der Verkörperung und Inszenierung dieser Verkörperung zugleich ist.

Zusammenfassend könnte man vielleicht einfach sagen: Stadtluft macht performativ, und zwar in jeder der drei erwähnten Hinsichten: Stadtluft macht performativ aufgrund von Bedeutungsfunktionen, aufgrund von Verkörperungspraktiken und aufgrund von Inszenierungsformen.

Die entscheidende Frage ist nun aber, wie man dabei das Verhältnis von Performanz und Performance beschreibt: Ist es ein Verhältnis der Wechselwirkung – ist das eine die Begleiterscheinung des anderen – oder stehen Performanz und Performance in einem Spannungsverhältnis zueinander: Negiert eine Performance die Gültigkeit eines Performativs?

Wenn eine Hochzeit im Rathaus vom Standesbeamten vollzogen wird, dann handelt es sich um eine gültige Trauung. Und, so kann man hinzufügen: Wo es per Gesetz möglich ist, dass gleichgeschlechtliche Paare standesamtlich getraut werden, ist diese Trauung gültig. Wo dies nicht möglich ist, kann die Trauung nicht stattfinden, sie hat nicht den Charakter eines gültigen, institutionell autorisierten Sprechakts.

In beiden Fällen gilt jedoch auch: Wenn die Hochzeit auf einer Theaterbühne von einem Schauspieler vollzogen wird, der einen Standesbeamten spielt, wenn es sich also bloß um eine Performance handelt, dann ist die Trauung nicht gültig.

Warum?

Weil diejenigen, die die Worte “Ich will” und “hiermit erkläre ich Euch” geäußert haben, diese Worte nicht im Sinne der Sprechakt-Theorie ernst gemeint haben.

Austin würde sagen: Weil im zweiten Fall, bei einer Performance, dem Sprechakt jene “illokutionäre Kraft” fehlt, die er aufgrund seiner konventionalen Bedeutungsfunktion – das heißt: durch seine gesellschaftliche und institutionelle Legitimierung und Autorisierung haben muss.

Aber natürlich könnte man auch genau anders herum argumentieren und sagen: Jeder ausgeführte Sprechakt hat auch eine Schauseite – jedes performativ ist immer auch eine performance – und vielleicht ist es ja häufig so, dass die Eheleute die Eheschließung erst einmal durchspielen – dass sie proben, bevor sie ins Standesamt gehen – und erinnern sich dann, wenn es “ernst” wird, wie Schauspieler an ihre Probe.

Ich habe mich gefragt, was passiert, wenn man diese Frage – das Wechselverhältnis von performativa mit Geltungsanspruch und performances mit Inszenierungscharakter – wenn man diese Frage auf die Funktion Stadt überträgt.

Wie entstehen die Möglichkeitsräume, die Spielräume, die Leerstellen der Stadt? Wie lassen sich jene funktionalen Leerstellen einrichtet, die, wie es bei Baecker hieß, “sichtbar und erlebbar noch nicht definiert sind, aber noch definiert werden können”.

Nun ist der Begriff der Leerstelle, wenn es um Stadträume geht, sehr verführerisch. Man denkt sofort an Baulücken – an Leerflächen, für deren Gestaltung dann ein Stadtplanerischer Ideenwettbewerb ausgelobt wird.

Der Begriff der Leerstelle bezieht sich jedoch in erster Linie auf einen Möglichkeitsraum im Sinne eines noch nicht endgültig definierten Raums – also eines Freiraums im räumlichen und im konzeptionellen Sinne.

Die Begründung für die Möglichkeit von Leerstellen, die ihrerseits die Voraussetzung für das Entstehen der stadttypischen Freiheit ist, war bei Simmel und Weber, dass man in der Stadt mit Unbekannten zusammenlebt, der Freiraum also aufgrund fehlender Sozialbindung zustande kommt.

Wie lässt sich das im Rekurs auf Performanz-Theorien beschreiben?

Gehen wir noch einmal zurück zu den eingangs angestellten Überlegungen über das Verhältnis von Land und Stadt: Die Machtansprüche und die daraus abgeleiteten Gesetze der Feudalherrschaft könnte man, genau wie die Regeln, die in den freien Städten gelten, als performatives Regime bezeichnen.

Und man könnte sagen: Das Regime der Feudalherrschaft überwacht die Einhaltung von Performativen aus einem Eigeninteresse am Machterhalt.

Die Stadtbürgerschaft errichtet demgegenüber ihr eigenes performatives Regime und überwacht deren Einhaltung – allerdings mit dem primären Ziel, ihre Unabhängigkeit gegenüber der Feudalherrschaft zu bewahren.

Etwa, indem sie darauf dringt, das Prinzip der Autokephalie durchzusetzen – unsere Bürger – die Bürger der Stadt – dürfen nur vor unsere eigenen Gerichte gestellt werden: Wir haben die Gerichtshoheit als Zeichen unserer Unabhängigkeit.

Dabei impliziert der Wechsel vom Land in die Stadt einen Wechsel des performativen Regimes, das heißt: das eine Regime verliert seine Gültigkeit, sobald man sich innerhalb der Stadtmauern befindet – das andere wird gültig.

Allein durch das Eintreten in die Stadt vollziehe ich ein Performativ – ganz im Sinne von de Certeau, der die Akte des Gehens mit den Sprechakten in Analogie setzt: Das Betreten der Stadt wird zum deklarativen Akt, zu einer Unabhängigkeitserklärung. Zweiter Aspekt: Webers Definition der Funktion Stadt: Stadtluft macht frei, weil einander Unbekannte in der Stadt zusammenleben.

Damit dieses Zusammenleben gelingen kann, braucht es Übereinkünfte, die unabhängig sind von der Intentionalität einzelner Individuen. Es brauch geregelte, allgemeingültige Intentionalitäten, wie sie performative Sprechakte bereitstellen: Performative Sprechakte organisieren Intentionalitäten – sie definieren, das, was man Meinen und Wollen kann – im Rahmen überindividueller Funktionsbedeutungen.

Überindividuell heißt zugleich: überpersönlich und anonym. Eine Schablone, eine Handlungsmaske, ein intentionales Template, in die jeder passt, der die Gelingensbedingungen erfüllt.

Mit anderen Worten: wenn die Funktion Stadt darin besteht, dass sie Freiräume schafft, in denen Unbekannte miteinander zusammenleben, dann braucht sie die Bedeutungsfunktion von performativen Sprechakten, weil diese schablonenhaft vorgeben, was man meint und will, wenn man bestimmte Worte äußert und damit die Intentionalität von unbekannten Sprechern berechenbar – vorhersehbar macht.

Meine These wäre nun – und damit bin ich dann auch schon beim dritten und letzten Punkt – dass mit dem Aspekt der Performance und der Inszenierung diese Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit wieder in Frage gestellt wird.

Klar kann man sagen, dass jedes Ausführen von performativen Sprechakten bis zu einem gewissen Grade immer auch Inszenierungscharakter hat – doch beim Vollzug von Performativa wird die Performance eher als eine Begleiterscheinung gewertet.

Anders verhält es sich bei expliziten Inszenierungen: Hier wird mit Hilfe bestimmter Rahmungshinweise klargemacht, dass es nicht um den Vollzug von Sprechakten, sondern um das Vorführen oder Aufführen von Sprechakten geht.

Das heißt auch: Hier wird die Bedeutungsfunktion von performativen Sprechakten von ihren pragmatischen Konsequenzen entlastet – und eben diese Entlastung schafft einen Freiraum:

Einen Freiraum, um beispielsweise über die Funktionsweise von Sprechakten und über ihre Gelingensbedingungen nachzudenken.

Dieser, durch Inszenierungen angestoßene Prozess des Nachdenkens kann politisch werden – er kann dazu führen, dass über die Gelingensbedingungen von Sprechakten neu verhandelt wird.

Hier stellt sich die Frage, ob die Freiheit der Stadtluft und der Freiraum, der durch die Funktion Stadt geschaffen wird, nicht letztlich auf einer Ambivalenz gründet, nämlich dem ambivalenten Spannungsverhältnis zwischen Performativa und Performance.

Ich würde sagen: Ja!

Denn genau dieses Spannungsverhältnis eröffnet Freiräume und macht das Nachdenken über und Neuverhandeln von Konventionen und Gelingensbedingungen möglich.

Meine These wäre daher, dass die Funktion Stadt nicht nur im Zusammenleben von Unbekannten besteht, sondern im Initialisieren von ambivalenten Zuständen, die ihrerseits die Voraussetzung für funktionale Leerstellen sind.

Insofern könnte man sagen: Stadtluft macht frei, weil Stadtluft ambivalent macht.

Oder zugespitzt: Stadtluft gibt es überhaupt nur deshalb, weil im Rahmen von Städten permanent ambivalente Zustände möglich sind.

Performativity – Emancipation and the Freedom in the City Air

DQDS at bauhaus reuse, Berlin, 2017, © zukunftsgeraeusche

Prof. Dr. Uwe Wirth, “Performativity – Emancipation and the Freedom in the City Air?”

establishes a connection between

First, the somewhat nebulous broad concept of performativity; second, the striving for emancipation – a process that has been taking hold in all areas of society since modern times (and then, of course, especially in the era of the Enlightenment); and third, the setting in which the striving for emancipation is redeemed: the city.

It is clear that the well-known principle “city air makes free” was the inspiration for this – a principle that Max Weber explicitly mentions in his reflections on economy and society when it comes to the role of early modern cities – and here in particular to the, as he writes, “breaking of the master’s right”. Thus, the principle “city air makes free” stands for an emancipation from what was probably the most arduous aspect of feudal rule: drudgery as a form of tax burden that peasants had to pay to their feudal lords.

The freedom of the townspeople, on the other hand, consisted in the fact that they no longer had to perform this labor, and the new citizens of the towns: unfree, serfs who came to the towns (often fleeing to escape the compulsion of drudgery) – these new citizens became freemen after the year and day they had spent within the town walls. In this very sense, city air – after being breathed for 366 days – makes one free.

Of course, this principle was a thorn in the flesh for the feudal lords who exercised their rule in the countryside, in villages, but also in so-called princely towns. Whoever fled to the city was, strictly speaking, a tax fugitive. And so there were protracted – sometimes violent – disputes between the city burghers and the feudal lords.

In other words, the principle that “city air makes you free” was highly controversial – and for this very reason proved to be a political issue well into the 19th century.

At the same time, however, even this very rudimentary historical excursus shows that the city, or more precisely, entering the city, is part of an emancipatory gesture, indeed an emancipatory act.

Those who enter the city in order to become free are thus performing a kind of declaration of independence.

One could therefore say that the principle “city air makes you free” should actually mean: the change from country air to city air makes you free, because in the countryside the feudal lords rule, while in the city the citizenry negotiates the rules of rule itself – and in this respect constitutes the principles of its rule itself.

Now, according to Weber, there is a second reason why city air makes free, which he also explicates in Economy and Society: The reason is that in the city-unlike in the countryside or in a village-the (I quote Max Weber), “personal mutual acquaintance of the inhabitants with one another, otherwise specific to the neighboring association, is lacking.” (727)

The anonymity of the city is thereby the result of its size – Weber speaks of a “quantitative characteristic.” That is, the larger the city, the greater the probability that most city dwellers do not know each other personally.

This impersonality implies, first of all, that due to the lack of personal relationships with neighbors, social control also decreases. In other words, city air makes free because city air makes anonymous.

In precisely this sense, Georg Simmel writes in his essay on “Large Cities and Intellectual Life” (1903) that rural, village, or small-town communities (quote) are much more “anxious” about “the achievements, the conduct of life, and the disposition of the individual [watch]” (125).

Conversely, however, according to Simmel, “To the extent that the group grows – numerically, spatially, in importance and life content – […] its immediate inner unity loosens […] and at the same time the individual gains freedom of movement, far beyond the first, jealous confinement” (124).

This, as one might say, emancipation of the individual from the shackles of jealous and watchful neighbors, however, not only increases freedom of movement, but it also enables abstraction from the singularities of the individual-and in this respect the impersonal of the metropolis implies a form of super-personality from which something like a concept of generality can be developed in the first place.

The motor of this process is a dialectic of “spiritual distance” and “freedom.

To make this clear, Simmel thematizes the principle “city air makes free,” although he modulates this principle by relating it to the relationship between small town dwellers and big city dwellers: Thus (quote) “today, in a spiritualized and refined sense, the metropolitan is ‘free’ in contrast to the pettiness and prejudices that constrict the small-towner” (126).

The price of this freedom is indifference. Thus, the big city is characterized by a “mutual reserve and indifference,” by what Simmel famously calls a “quiet aversion” to the neighbor, “a mutual strangeness and repulsion” (123), but which at the same time contributes to the sense of (quoting Simmel) “independence of the individual.”

According to Simmel, the same feeling arises as soon as one enters the “densest bustle of the big city,” “because the physical proximity and narrowness make the mental distance all the more vivid” (126).

The concept of “mental distance” is an expression of that impersonal, super-personal and, in the broadest sense of the word, bondless form of life that Simmel and Weber characterize as the typical metropolitan way of life.

Thanks to the “mental distance” developed by the “quiet aversion” to the neighbor, something like the independence of the individual becomes possible, but also the abstraction from the individuality of the neighbor.

Parallel to what I called earlier the “declaration of independence” that is accomplished with the act of entering the city, the act of abstracting from the individual to the general also holds a liberating moment.

In fact, the Latin verb “abstrahere” also means “to get rid of, to free oneself” from something. In this case: freeing oneself from close-meshed, individual, personal networks of relationships.

Mediated by the experience that it is possible in the city for people unknown to each other to live together, anonymity becomes the prerequisite for a concept of generality.

This argument takes on a decidedly architectural twist when Simmel writes that in the big city, “in buildings and educational institutions […] in the formations of community life and in the visible institutions of the state, there is such an overwhelming abundance of crystallized, impersonalized spirit that personality cannot, so to speak, hold its own against it.” (130)

The concrete buildings of the metropolis thus become the visible expression of social institutions based on the principles of a concept of generality-and thus on the concept of a spirit that has become impersonal.

At the same time, however, metropolitan life itself becomes the motor for a process of experienced de-individualization of living conditions – a process that is experienced as liberating and alienating in equal measure: as a development toward super-personal generality and impersonal anonymity.

As it seems, we are dealing with an ambivalent configuration.

Based on Weber’s idea that the function of the city is to enable a form of life “in which people who are unknown to each other live together,” Dirk Baecker describes this ambivalent configuration in an essay entitled: “Stadtluft macht frei” (“City Air Makes You Free”) as follows: “This city lives from being problem and solution to the problem, norm and deviation from the norm, a neighborhood of togetherness, counter-togetherness, juxtaposition and overlap at the same time. (5)

It is precisely from this ambivalence, Baecker argues, that the city gains its “institutional robustness and flexibility” (ibid.) – an ambivalence that is simultaneously manifested in the design of urban spaces.

Accordingly, the quality of the city as a social form consists in the fact that it (citation) “more momentously than other social forms establishes voids that are visibly and experientially not yet defined, but that can still be defined. The city stages the space of choice, of deciding whom to meet or not to meet for what occasion, but can only do so if this space is only unspecifically defined.

The publicly accessible squares, indeed the public sphere par excellence, are this space just as much as the cultic squares […], both of which do not, for instance, stipulate what happens in these squares, but instead stipulate that decisions can be made in them that have not yet been made.” (5)

This description brings into focus an aspect that has so far resonated rather subcutaneously, namely that the urban habitat is a space of possibility in three ways: First, because the city is a place where those who are unknown to each other can renegotiate their life and power relations, but also have to renegotiate them again and again; second, because the city creates places and spaces – functional voids – where these negotiation processes can take place; third, because the city stages these places and spaces in such a way that they are perceived as places and spaces where negotiation processes can take place.

But is it really the city that acts here or not rather the discourse about the city?

This is a question that Michel Certeau explores in his reflections on urban practices and the concept of the city, conceiving of the city itself as an anonymous subject that makes it possible to “grasp and construct” urban space practically and discursively (184).

For de Certeau, too, the city is a functional void, a space for play that allows for (and I quote) “play to be set in motion in a system of defined places” in order to allow for the redefinition of other places in that system. In this respect, the city, like the discourse on the city (quoting de Certeau again), “makes room for emptiness” (201).

At this point, it is now high time to introduce the one concept that is, as it were, the lead of this evening: the concept of performativity.

I will limit myself to recapitulating some basic distinctions, and to try to then tie them back to the descriptions of the function city that we have come to know in Weber, Simmel, and Baecker.

“It is quite forgivable not to know what the word performative means,” writes John Austin in his 1961 essay “Performative Utterances. “It is a new word and a nasty word, and perhaps it has no particularly grand meaning. One thing in favor of this word, at any rate, is that it does not sound deep” (305).

The multifaceted usability of the term performance, as well as its ambiguity, have contributed significantly to the broad academic impact of the “nasty word.”

When asked what the terms performance and performativity mean, philosophers of language and linguists on the one hand, theater scholars and literary theorists on the other, give very different answers.

Austin introduces the term performative in How to do things with Words in order to designate, in the context of a discussion of Wittgenstein’s Sprachspiel thesis, a class of uses of language in which, through the utterance of certain words, actions are performed – from this assumption derives the name of speech act theory.

For example, several speech acts are performed during a marriage: the “yes” of the spouses in front of the registrar or his formula: “I hereby declare you husband and wife”.

The ensemble of these speech acts changes the world of the persons involved – because they perform certain conventional procedures.

The linguistic-philosophical provocation of performative utterances consists in the fact that their meaning cannot be determined with reference to their truth value, but only with reference to so-called conditions of success.

In contrast to a “constative description” of states of affairs, which is either true or false, “performative utterances” change states of affairs in the social world through the act of uttering, that is, they do not describe facts, but they create social facts by initiating sequences of actions through the utterance of certain words.

Thus, the promise of the two spouses to stand by each other in good times and bad causes a determination of future action, and the declarative speech act of the registrar, “I hereby pronounce you husband and wife,” causes the spouses to be in the state of marriage after uttering these words.

The meaning of speech acts derives from the mutually presupposed knowledge of the obligatory character of speaking.

In this context, speech acts recur to a concept of language that is also intentional, but above all conventional and functionally determined.

The intentional framework concerns the speaker’s individual sincere commitment to a behavior: Husband and wife must be serious about their promise to stand by each other in good times and bad.

The institutional frameworks refer to the social determinants of utterance meaning in conventional and functional terms.

Crucially, I quote Austin, “that the circumstances in which the words uttered should be in some way, or ways, appropriate” (1975: 8).

What one can mean and want when getting married is precisely not individually negotiable. In this respect, the intentional framework is in turn framed by institutionally and conventionally determined meaning functions.

In this sense, speech act theory dissolves individual intentionality and transfers it into supra-individual (and that means, of course, supra-personal) conventionality.

Thus, the two basic conditions for speech acts to function are (I quote Austin): first, “there must be a customary conventional procedure – an accepted conventional procedure – with a certain conventional result,” where “the procedure involves certain persons uttering certain words under certain circumstances.” Second, “the persons and circumstances involved must fit the particular case for the invocation of the particular procedure,” that is, they must be institutionally authorized.

Only the registrar or the priest may perform the marriage. If the city hall porter or the altar boy performs the ceremony, the performative act fails or proves void.

In contrast to this functional definition, the term performance can also refer to the phenomenal fact that something is embodied as an utterance.

Thus, the term performance occupies a very different systemic position in the context of Noam Chomsky’s theory of grammar than it does in Austin’s. Chomsky introduces the differentiation between competence and performance in order to distinguish the “knowledge” of a speaker-hearer from the “actual use” of language in concrete situations.

This use of the concept of performance as a designation of utterance practices, including their material-bound mediality, addresses not only what lies behind the sensually perceptible phenomena, i.e., the conventional function of speech acts, but it addresses the conditions of embodiment of utterances.

The use of this concept of performance, which is medial in the broadest sense of the word, thus implies a view interested in the externalities of the practice of embodiment, which is concerned with exploring the various possibilities of representing facts vocally, gesturally, in writing, or with the help of images.

This is presumably where the form of performing that is at the center of Michel de Certeau’s examination of speech act theory in The Art of Acting belongs: The act of walking, he writes (and I quote), “the act of walking is to the urban system what utterance (the speech act) is to language or formulated statements” (189).

Why? Because in walking – strolling – through urban space, one undertakes a “spatial realization” (ibid.) of places, thus co-constituting them by “walking on them” – and because, at the same time, one appropriates spaces through acts of walking. In this way, walking becomes a mobile embodiment of the performative.

Finally, the term “performativity” also implies the performance character of utterances and actions, as one is accustomed to from the English term of performance.

It is precisely this usage that is – unsurprisingly – the focus of interest for theater studies.

In her essay “Grenzgänge und Tauschhandel,” Erika Fischer-Lichte relates theatricality and performativity reciprocally, distinguishing four aspects: First, performance as “the process of a representation through body and voice in front of physically present spectators” (299); second, staging as a “specific mode of sign use in production” (ibid.); third, corporality as an aspect “that results from the factor of representation or material” (ibid.); and finally, fourth, perception as an aspect “that refers to the spectator, his or her observational function and perspective” (ibid.).

Here performativity becomes a concept that refers not only to the conditions of success and embodiment, but also to the conditions of staging art configurations.

However, not exclusively, because stagings do not only exist in art contexts, but also in public spaces: in ceremonies of the parliament, at the wedding of celebrities and potentates, when showing oneself on balconies – be it in the context of coalition negotiations, be it in the context of popular speeches. But of course, popular festivals and demonstrations in public places also have a staging character.

And even the aforementioned strolling has a staging character in a certain respect – one strolls along the city’s promenade to show oneself off, to put oneself in the limelight as a city-dweller and to be recognized among the many unknowns by the few known.

Our contemporary media society is to a very special degree a society of staging, which is not only permeated by staging, but is driven, as it were, by a “culture of staging” (ibid.).

In this respect, it can be said that our lives are determined by a web of performative speech acts: And first of all performativa in Austin’s sense, i.e. contracts, conventions, institutional authorizations that form the basis for a bindingly regulated social coexistence.

Starting with traffic rules (such as the red light, which functions like a directive speech act), to guidelines for the statics of buildings, rental contracts for private apartments, or general terms and conditions for the operation of a sausage stand or a shopping mall.

But of course it is also about “big” socio-political questions, such as the question: should the “institution of marriage” also be available for same-sex couples?

However, such performative speech acts are always already accompanied and superimposed by staging forms and strategies that have the character of performances.

These include the aforementioned festivals, parades, rallies, demonstrations, but also the buildings of institutions in which compliance with the conditions of success of existing speech acts is monitored, or the conditions of success of speech acts are renegotiated: The police, who monitor compliance with directive speech acts. The courthouse, where disputed contracts or violations of conventions are decided.

The parliament building or city hall, where new conventions or rules are negotiated.

All these buildings are not only embodiments of institutions, but transform the places where they stand into settings: In this very sense, one can then say with Dirk Baecker: “The city stages the space of choice, of decision.”

The places where meaning functions of speech acts are performed are at the same time the sites of performances: places where not only something is performed, but also something is performed – staged.

Let’s just take, to stay with the example of getting married, the city hall – or perhaps also the stairs in front of the city hall: if a same-sex marriage is performed there in the registry office – as a socio-political novelty – then the stairs of the city hall become the stage on which this socio-political novelty is demonstratively performed.

If one follows Judith Butler, then one can even go one step further and say: this tension between performative acts and acts of performance affects every act of gender constitution, because the body is, as she writes, “always an embodiment of possibilities, which is conditioned and limited by historical conventions.”

In this way, the gendered body proves to be a performative body that is both embodiment and staging of this embodiment.

In summary, one could perhaps simply say: city air makes performative, in each of the three respects mentioned: City air makes performative because of functions of meaning, because of practices of embodiment, and because of forms of enactment.

The crucial question now, however, is how to describe the relationship between performativity and performance in this context: Is it a relationship of interaction-is one the concomitant of the other-or are performativity and performance in tension with each other: does a performance negate the validity of a performative?

When a wedding is performed in the town hall by the registrar, it is a valid wedding ceremony. And, one may add: Where it is possible by law for same-sex couples to be married in a civil ceremony, that ceremony is valid. Where this is not possible, the marriage ceremony cannot take place, it does not have the character of a valid, institutionally authorized speech act.

In both cases, however, it is also true that if the wedding is performed on a theatrical stage by an actor playing a registrar, that is, if it is merely a performance, then the marriage ceremony is not valid.

Why?

Because those who uttered the words “I do” and “I hereby declare you” did not mean those words in the sense of the speech act theory.

Austin would say: because in the second case, in a performance, the speech act lacks that “illocutionary force” which it must have by virtue of its conventional meaning function – that is: by virtue of its social and institutional legitimation and authorization.

But of course, one could also argue the other way around and say: every performed speech act also has a show side – every performative is always also a performance – and perhaps it is often the case that the married couple first act out the marriage ceremony – that they rehearse before they go to the registry office – and then, when things get “serious,” they remember their rehearsal like actors.

I wondered what happens when you take this question – the interrelationship of performativa with a claim to validity and performances with a staging character – and apply it to the function of the city.

How do the spaces of possibility, the spaces of play, the empty spaces of the city emerge? How can those functional empty spaces be set up which, as Baecker put it, “are not yet visibly and experientially defined, but can still be defined”?

Now, when it comes to urban spaces, the term “empty space” is very seductive. One immediately thinks of gaps between buildings – of empty spaces, for whose design an urban planning ideas competition is then announced.

However, the concept of empty space refers primarily to a space of possibility in the sense of a space that has not yet been definitively defined – in other words, an open space in the spatial and conceptual sense.

For Simmel and Weber, the rationale for the possibility of empty spaces, which in turn is the prerequisite for the emergence of freedom typical of the city, was that in the city one lives together with unknowns, that free space thus comes about due to a lack of social ties.

How can this be described with reference to theories of performance?

Let’s go back to the considerations we made at the beginning about the relationship between country and city: The claims to power and the laws of feudal rule derived from them could be described as a performative regime, just like the rules that apply in free cities.

And one could say: the regime of feudal rule supervises the observance of performatives out of a self-interest in maintaining power.

The urban citizenry, in contrast, establishes its own performative regime and monitors its observance – but with the primary goal of preserving its independence vis-à-vis feudal rule.

For instance, by insisting on enforcing the principle of autocephaly – our citizens – the citizens of the city – may be tried only in our own courts: We have judicial sovereignty as a sign of our independence.

Thereby, the change from the country to the city implies a change of the performative regime, that is: the one regime loses its validity as soon as one is inside the city walls – the other one becomes valid.

Just by entering the city, I perform a performative – very much in the sense of de Certeau, who analogizes the acts of walking with the acts of speaking: Entering the city becomes a declarative act, a declaration of independence. Second aspect: Weber’s definition of the function city: city air makes free, because people unknown to each other live together in the city.

In order for this living together to succeed, agreements are needed that are independent of the intentionality of single individuals. It needs regulated, generally valid intentionalities, as they are provided by performative speech acts: Performative speech acts organize intentionalities – they define what one can mean and want – within the framework of supra-individual functional meanings.

Supra-individual means at the same time: supra-personal and anonymous. A template, a mask for action, an intentional template into which everyone fits who fulfills the conditions for success.

In other words: if the function of the city is to create free spaces in which the unknown live together, then it needs the meaning function of performative speech acts, because these prescribe in a template-like way what one means and wants when one utters certain words and thus makes the intentionality of unknown speakers calculable – predictable.

My thesis would now be – and this brings me to the third and last point – that with the aspect of performance and staging, this predictability and calculability is again called into question.

Of course, one can say that every performance of performative speech acts always has a staging character to a certain degree – but in the execution of performativa, the performance is rather evaluated as a concomitant.

The situation is different with explicit stagings: Here, with the help of certain framing cues, it is made clear that it is not about the consummation of speech acts, but about the presentation or performance of speech acts.

This also means that here the meaning function of performative speech acts is relieved of its pragmatic consequences – and precisely this relief creates a free space:

A free space, for example, to think about the functioning of speech acts and about their conditions for success.

This process of reflection, triggered by staging, can become political – it can lead to a renegotiation of the conditions for the success of speech acts.

Here the question arises whether the freedom of city air and the free space created by the function city is not ultimately based on an ambivalence, namely the ambivalent tension between performativa and performance.

I would say: Yes!

Because it is precisely this tension that opens up free spaces and makes it possible to think about and renegotiate conventions and conditions for success.

My thesis would therefore be that the function of the city consists not only in the coexistence of unknowns, but in the initialization of ambivalent states, which in turn are the precondition for functional voids.

In this respect, one could say: city air makes free, because city air makes ambivalent.

Or to put it more sharply: city air exists at all only because ambivalent states are permanently possible within the framework of cities.