über das gebäude
Das temporäre Gebäude bauhaus reuse besteht aus etwa 100 Metern Fassaden-Elemente aus dem Bauhaus in Dessau, die von der Stiftung Bauhaus Dessau zur Verfügung gestellt wurden. Die Bauteile wurden 2011 anlässlich der energetischen Sanierung des Bauhaus-Gebäudes ausgebaut und für das experimentelle Wiederverwendungsprojekt bauhaus re use neu zusammengefügt. Mit diesen Stahl-Fenster- und Türelementen erfolgte 1976 in der ehemaligen DDR die Sanierung des heutigen UNESCO-Weltkulturerbes; genau 50 Jahre nach dessen Eröffnung und gleichzeitig mit dem Baubeginn des von Walter Gropius entworfenen Bauhaus-Archivs in Berlin.
Das Projekt bauhaus reuse greift damit das bauliche Erbe des Bauhauses auf experimentelle und dabei sowohl konkret materielle als auch bedeutungsvolle Weise auf. Es musealisiert nicht, es erschafft einen haptischen Ort der Auseinandersetzung, der einlädt sich mit dem Erbe der Moderne anhand der heutigen Zeit reflexiv und nachhaltig zu beschäftigen. Durch die Wiederverwendung reflektiert das Projekt die Umgangsformen mit materiellem und kulturellem Erbe; eine Gratwanderung zwischen Marginalisierung und Entmarginalisierung, zwischen Alt und Neu, zwischen Bedeutungsaufladung, Ikone und Neutralisierung als verwendbares Material. Es geht um Wertigkeiten, kulturell und materiell, um kontextuelles und dabei einfaches und experimentelles Herangehen sowie um die Frage, wie Umgangsformen mit dem baulicher Substanz und Bedeutung gepflegt und erneuert werden können.
Mit den gläsernen Fassadenelementen aus dem Dessauer Bauhaus-Gebäude übernimmt bauhaus reuse die an Transparenz und Lichtdurchflutung orientierte Architektursprache der Moderne und experimentiert durch den Einsatz der Fenster als begehbare Doppelfassade mit einer transparenten Gebäudehülle und passiven Maßnahmen der Belüftung und Verschattung, mit Abdichtung und Wärmeerhaltung. Die Fenster wurden dabei nicht in der ursprünglichen Art und Weise verbaut, d.h. als Fassade eines Skelett-Massiv-Baus, sondern für sich alleine und herausgestellt vor ein ebenso filigranes Stahltragwerk gehängt.
Ziel ist dabei auch eine experimentelle Überprüfung der Bedürfnisse und Anforderungen an ein derartiges Gebäude über die Nutzung und gegebenenfalls die entsprechende Anpassung. Im Inneren des Gebäudes werden Vorhänge an kalten Tagen gegen die Auskühlung des Gebäudes genutzt (analog eines Wandbehangs), können Teile der Fassade blickdicht verschließen oder den Innenraum bei Bedarf verdunkeln. Zwischen den Fassadenschichten, bestehend aus den Bauhaus- Fenstern, werden weitere Vorhänge als Sonnenschutz installiert. Sich ansammelnde Wärme soll über die natürliche Belüftung des Fassadenzwischenraums abgeführt werden. Alle Vorhänge werden von Hand bewegt. In gleicher Weise werden Stoffbahnen zum horizontalen Sonnenschutz im Dachzwischenraum an Stahlseilen geführt. Die Entlüftung des Dachzwischenraums erfolgt zusätzlich über öffenbare Dachluken, die in die einfache Dachverkleidung aus Hohlkammerstegplatten eingebaut werden.
Das bauhaus reuse ist vollkommen de- und remontagefähig und wurde von der zukunftsgeraeusche GbR entwickelt und – in Kooperation mit dem Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung sowie mit Unterstützung der IKEA-Stiftung – erstmalig auf dem Areal des Museums in Berlin als Bildungsbauhütte in Zusammenarbeit mit der Knobelsdorffschule Berlin und weiteren Partnern realisiert.
Keine vergleichbare Bildungsinstitution stand wie das Bauhaus für das Konzept der Moderne und einer modernen Gesellschaft. Das Projekt bauhaus reuse folgt diesem Ansatz auf performative Weise und eröffnet einen zeitgenössischen Raum der Zusammenarbeit und des Diskurses. Das bauhaus reuse greift das bauliche Erbe des Bauhauses auf experimentelle, sowohl materielle als auch bedeutungsvolle Weise auf. Als ein Bildungsprojekt erschafft es ein haptisches Medium der inhaltlichen Auseinandersetzung, das einlädt sich mit dem Erbe des Bauhauses und der Moderne im Kontext der heutigen Zeit reflexiv und zukunftsweisend zu befassen.
Daten:
Grundfläche ca. 174 qm
nutzbare Fläche ca. 166 qm
Grundmaße ca. 12 x 14 m
Höhe ca. 4,7 m
Bauweise
Leichte Stahl-Skelett-Konstruktion (verzinkt), komplett de-/remontierbar
Fundament
STB-Punktfundament (wiederverwendbar)
Kapazität
Gebäude der Klasse 1 100 Pers. (sitzend)
Sonderbau 200 Pers.
Standort (bis 2018)
Bauhaus-Archiv, Berlin
Standort (seit 2018)
Ernst-Reuter-Platz, Berlin
Bauherr zukunftsgeraeusche GbR
Architektur/Bauleitung zukunftsgeraeusche GbR